Zum Abschied Calimocho

Neues Jahr, neuer Blogbeitrag. Ich habe mir fest vorgenommen dieses Blogprojekt in 2020 weiterzuführen. Durch meine Reiseerinnerungen beame ich mich zurück in eine Zeit, in der ich happy war und vielleicht könnt auch ihr was an Erfahrungen für eure Reisen mitnehmen. Heute würde ich euch gern zu meinem letzten Reisetagebucheintrag aus dem Jahre 2008 entführen, als ich auf dem Jakobsweg wanderte. Ja und es gibt noch eine tolle Nachricht. Ich habe meine alten Fotos von damals wiedergefunden und werde die nächsten Tage nutzen, um sie einzuscannen und den entsprechenden Beiträgen hinzuzufügen. Aber nun lasst uns zurückreisen zum 30.07.2008.

30.07.2008 – Los Arcos bis Logrono

„Das Ziel des Tages stand fest: Logrono. Wie wir es dahin schaffen sollten war egal, ob kriechend oder schwebend, wir mussten es schaffen. Da wir am Vortag nicht ganz so weit gelaufen sind, kamen noch 8km dazu. Durch eine Abkürzung waren die 8km jedoch recht schnell gemeistert. Die nächste Etappe machte da schon mehr Probleme. Ich seilte mich von der Gruppe ab, schaltete den MP3 Player an, das Gehirn aus und lief los. 10km ohne Pause einfach laufen. Ich fluchte vor mich hin, weil es immer wieder bergauf ging und als ich beim Abstieg auch noch einen Pfeil verpasste und mich verlief, wäre ich fast ausgerastet. Ich musste also wieder umdrehen und ein Stück des Berges wieder bergauf laufen, um auf den richtigen Pfad zu kommen. In Viana angekommen war erst einmal durchatmen angesagt. Gabriel schlummerte auf der Wiese und ich machte es mir auf einer Bank bequem. Nach einer halben Stunde traf dann auch der Rest der Truppe ein. Wir gingen in die Stadt, verputzten noch ein Eis und setzten unseren Marsch fort. Am Ende der Stadt dann mein persönlicher Horror, eine fette, dicke, lange Schlange!!!! Der Tag war gelaufen, ab diesem Moment klebten meine Augen am Boden und suchten den Weg nach Schlangen ab. Im Rother Wanderführer war vermerkt, dass der Weg direkt an einem See entlangführt. So machte ich mich wieder von der Gruppe los um auf sie am See zu warten. Ich lief und lief und lief, aber nirgendwo war ein See zu sehen. Als vor mir dann eine Papierfabrik und das Ortseingangsschild von Logrono auftauchten, war mir klar, dass kein See mehr kommen würde. Ich wanderte noch ein Stück weiter und machte es mir unter einer Autobahnbrücke gemütlich. Nach einer guten halben Stunde kam Matze. Humpelnd, in der einen Hand eine Zigarette und in der anderen Hand das Zelt. Ein Bild für die Götter. Als ich ihm offenbarte, dass kein See mehr kommen würde, schmiss er seine Sachen hin und legte sich auf den Weg. In diesem Moment brach Matzes kleine Welt zusammen. Als die anderen beiden eintrafen, ließen wir unserer Verrücktheit freien Lauf. Wir drehten sinnlose Videos, die Jungs machten ein Flaschenkonzert und wer immer das Wort „weiterlaufen“ aussprach wurde beschimpft. Als die Phase überstanden war, humpelten wir weiter Richtung Logrono. Am Wegrand holten wir uns einen Stempel bei einer alten Dame, welche die ganze Zeit Matze bemitleidete. Sie sagte uns ,dass es nur noch 1 km sei, wahrscheinlich wollte sie uns nur moralisch aufbauen, da es mindestens 3 km waren. Wir überquerten den stinkenden Ebro und gelangten endlich in unsere Herberge. Mal wieder eine Massenherberge, allerdings mit kleinem Brunnen im Hof, in dem alle ihre stinkenden Pilgerfüsse abkühlten. Nach einer wie immer kalten Dusche ging es ab in die Stadt. Wir saßen auf einem Platz und tranken „Calimocho“ was übersetzt so viel heißt wie „heiße Muschi“. Da es Matze nicht ganz so mit Sprachen hatte, machte er aus Calimocho, Calimuschi. Nach einem annehmbaren Pilgermnü ( ich konnte endlich mal wieder Fleisch essen), machten wir uns auf den Weg zu einem Locutorium (Internetcafé – ja ehrlich in 2008 besaß nämlich noch niemand ein Smartphone), Matze und ich waren relativ schnell fertig, setzten uns raus und warteten. Da Matze noch Durst hatte, machte er sich auf den Weg zur Bar, auf der Hälfte der Strecke drehte er sich zu mir um und brüllte , wie denn das Getränk nochmal hieße. Tja, ich wusste es zwar, aber ich würde es mit Sicherheit nicht über den gesamten Platz brüllen. Somit musste er sich nochmals in meine Richtung bewegen. Es war der letzte Tag als Ossikarawane, da die Jungs am nächsten Tag den Bus nehmen würden, so hieß es wohl oder übel Abschied nehmen. Die beiden Chaoten waren natürlich felsenfest davon überzeugt, dass wir sie schrecklich vermissen würden. Naja Einbildung ist bekanntlich auch eine Bildung. „

Und mit diesem Eintrag endet mein Reisetagebuch aus 2008 vom Jakobsweg. Bevor ich aber über das zu sprechen komme, was ich nicht niedergeschrieben habe, will ich noch ein paar Wort zum Eintrag verlieren.
Viel ist mir nicht von diesem Tag in Erinnerung geblieben, aber der Moment, als wir realisierten, dass kein See mehr kommen würde, den werde ich definitiv nicht mehr vergessen. Stellt euch vor, es sind knapp an die 40°C und ihr wollt einfach nur ins kalte Nass springen und dann gibt es diesen See gar nicht. Den Wanderführer hatte ich vorher ja schon einige Male verflucht, aber nun so richtig. Auch unser Ziel, Logrono, entupuppte sich vor allem am nächsten Tag als kompletten Reinfall. Steffi hatte man nämlich in der Herberge die Unterwäsche vor der Leine geklaut und mir mein teures Mircofaserhandtuch. Die Laune war also echt im Keller, auch weil die Jungs nun nicht mehr da waren. Zusätzlichen brauchten wir Ewigkeiten um aus der Stadt wieder herauszufinden. Meine Knieschmerzen wurden immer schlimmer. Das Knie war mittlerweile dick und heiß und ich überlebte den Tag nur noch mit einer ordentlichen Dosis Ibuprofen. Kurz vor Burgos nahm ich dann den Bus um mindestens 2 Tage Pause zu machen, auf Steffi zu warten und mit ihr dann gemeinsam den Weg vorzusetzen. Aber auch nach 2 Tagen war ans Weiterlaufen nicht zu denken. Ich hatte eine fette Entzündung im Knie und musste die Heimreise antreten.

Rückblickend denke ich war es gut, dass ich den Weg 2008 nicht vollständig beenden konnte. Ich denke ich war einfach noch nicht reif genug für den Weg und er war in diesem Jahr für mich viel wertvoller als noch vor 11 Jahren.
Euch interessiert nun noch brennend was Calimocho ist? Rotwein mit Cola. Ja, ich weiß, ekelhaft. Aber mit Anfang 20 trinkt man sowas noch.

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